Buchtipp „Die Burnout Lüge“

Gepostet am Dez 19, 2014 | 1 Kommentar

Buchtipp „Die Burnout Lüge“

Nach längerer (zumindest medialer) Inaktivität, möchte ich heute ein Buch vorstellen und empfehlen, das ich selbst gerade mit wachsender Begeisterung lese.

Die Burnout Lüge von Martina Leibovici-Mühlberger führt eindrücklich vor Augen, wie gesellschaftlich mit dem Phänomen Burnout und vor allem seinen Betroffenen umgegangen wird. Dabei zeigt sich oftmals, dass eben gerade nicht mehr umgegangen, sondern sich abgewendet, ignoriert und nicht ernst genommen wird. Dabei stellt die Autorin anhand zahlreicher sehr anschaulicher Beispiele fest, dass es schlicht zu kurz greift, die böse Arbeitswelt für all die Burnouterkrankungen verantwortlich zu machen. Sie zeigt vielmehr eine zunehmende Sinnleere in den Biographien der Patienten auf, die letztlich zum psychischen wie auch physischen Zusammenbruch führen. Es ist ein Buch, das betroffen macht, auch deswegen weil es dem Leser ungeschönt vor Augen führt, wie ignorant und abwehrend wir als die Gesellschaft, in der sich die Krankheit zuhauf zeigt, damit umgehen. Insofern ist auch der Titel, wie ich finde, perfekt gewählt. Es veranlasst vermutlich gerade diejenigen es zu kaufen (sofern sie sich nicht vorher weiter mit dem Inhalt beschäftigen), die am liebsten Burnout als Modekrankheit und eher als Zeichen zunehmender Verweichlichung unserer Manager abtun, denn als ernst zu nehmendes gesellschaftliches Phänomen, zu dessen Entstehung und Ausbreitung wir wohl alle in gewissem Maß beitragen. Damit erreicht Frau Leibovici-Mühlberger gerade diejenigen, die das Buch sonst wohl nicht anrühren würden, obwohl gerade sie die eigentlichen Adressaten sind.

 

Interessant finde ich vor dem Hintergrund meiner eigenen Forschung und Gedanken der stetige Verweis auf die Bedeutung des Sinns. Schon Frankl stellte fest, dass es Menschen gibt, die so viel haben, von dem sie leben können, aber nichts, für das es sich zu Leben lohnt. Gerade dieser Punkt tritt in den Falldarstellungen im Buch immer wieder deutlich hervor. Menschen, die scheinbar alles haben in materieller Hinsicht, eine steile Karriere, ein schönes Haus, ein teures Auto, brechen (vermeintlich) plötzlich zusammen, wenn sie feststellen, dass das alles zwar nett aber letzten Endes doch sinnentleert ist. So gibt mir persönlich dieses Buch erneut Zuspruch, die Wichtigkeit des Sinns wissenschaftlich zu ergründen und vor allem auch seine aus gesamtwirtschaftlicher Sicht notwendige Beachtung zu untermauern. Sollte es nicht möglich sein, zu einer Gesellschaft heran zu wachsen, in der es als schändlich und unverantwortlich gesehen wird, sich NICHT die Sinnfrage zu stellen?

 

1 Kommentar

  1. Ja, da ist was dran. Wenn der Sinn fehlt, dann ist es vielleicht manchmal wirklich der Chef oder die Chefin – aber in erster Linie bin ich es selbst, der sich erkennen muss. Wenn Sinnverwirklichung Werteverwirklichung bedeutet, dann ist Voraussetzung, dass ich meine Werte kenne – sonst kann ich sie nicht verwirklichen. Und da jeder Mensch ein Wesen auf der Suche nach Sinn ist – und da bin ich auch bei Viktor E. Frankl – gilt es zuerst meine eigenen Werte zu entdecken, sie mir bewußt zu machen, versuchen, sie in meinen Alltag zu integrieren und sie so zu verwirklichen. Burnout ist schnell gesagt – doch nicht die Lösung des Problems. Die Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit durch sechs Wochen Auszeit löst das existentielle Problem dieses Menschen nicht – es macht ihn i.d.R. nur wieder funktionsfähig – fragt sich, für wie lange…..

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